Digitale Barrierefreiheit – von der Herausforderung zur Chance 
oder: ab in die Zukunft ...

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) setzt neue Maßstäbe für die Zugänglichkeit im Web. Am 28. Juni 2025 beginnt eine neue Ära1, in der bestimmte Websites und Online-Shops, die sich an B2C-Kunden richten, barrierefrei gestaltet sein müssen. Wir haben für Sie die wichtigsten Informationen über die grundlegenden Anforderungen und Definitionen zum Thema Barrierefreiheit zusammengestellt, die Ihnen bei der Umsetzung begegnen werden.

Bereiten Sie sich bereits jetzt vor, um Ihre Online-Präsenz rechtzeitig anzupassen und allen Nutzern ein inklusives Erlebnis zu bieten!

Barrierefreiheit in Deutschland: Die rechtlichen Säulen

Die Barrierefreiheit in Deutschland basiert auf zwei wesentlichen Säulen des Rechts: dem Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) und dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Diese Gesetze bilden das Fundament für eine inklusive Gesellschaft und zielen darauf ab, Diskriminierung zu verhindern und Chancengleichheit zu fördern.

Das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG)

Seit Mai 2002 in Kraft, markiert das BGG einen Meilenstein in der Gleichstellungspolitik. Es fokussiert sich auf:

  • Die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen im öffentlichen Recht
  • Die Verpflichtung von Behörden und öffentlichen Einrichtungen zur Barrierefreiheit
  • Die Förderung der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben

Das BGG richtet sich speziell an Behörden und öffentliche Einrichtungen und hat maßgeblich dazu beigetragen, dass öffentliche Räume und Dienstleistungen zunehmend barrierefrei gestaltet werden, um allen Bürgern einen gleichberechtigten Zugang zu ermöglichen.

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG)

2006 eingeführt, erweitert das AGG den Schutz vor Diskriminierung auf verschiedene Lebensbereiche. Es besagt: „Niemand darf wegen des Alters, einer Behinderung, wegen der ethnischen Herkunft oder aus rassistischen Gründen, wegen seines Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung oder der sexuellen Identität benachteiligt werden.“2

Das AGG geht über den Behindertenkontext hinaus und schafft einen umfassenden Rahmen für Gleichbehandlung in allen Bereichen des täglichen Lebens, einschließlich Arbeit, Bildung und Zugang zu Gütern und Dienstleistungen.

Zusammen bilden BGG und AGG eine solide rechtliche Basis für die Umsetzung von Barrierefreiheit und Inklusion in unserer Gesellschaft. Sie verpflichten nicht nur öffentliche Einrichtungen, sondern sensibilisieren auch die Privatwirtschaft für die Bedeutung von Zugänglichkeit und Gleichbehandlung.

Barrierefreiheit: Statistiken und Fakten im Überblick

Demografischer Wandel und Barrierefreiheit: Eine wachsende Herausforderung

Deutschland steht vor einem bedeutenden demografischen Wandel. Mit einer Bevölkerung von rund 83,4 Millionen3 im Jahr 2023 zeigt sich ein klarer Trend zur Alterung der Gesellschaft. Die geburtenstarken Jahrgänge von 1955 bis 1970 bilden heute die Altersgruppe der 55- bis 70-Jährigen.4 Aktuelle Statistiken belegen: Fast die Hälfte der Bevölkerung ist über 40 Jahre alt, und mehr als ein Viertel hat das 60. Lebensjahr überschritten. Angesichts der niedrigen Geburtenrate im Vergleich zur Sterberate wird sich dieser Trend fortsetzen.5

Doch was bedeutet diese Entwicklung für die Barrierefreiheit?

Die Zahlen sprechen für sich: 2023 lebten in Deutschland etwa 7,9 Millionen Menschen mit einer schweren Behinderung – das entspricht fast jedem zehnten Einwohner. Besonders auffällig: Über 50 Prozent dieser Gruppe sind 55 Jahre oder älter.

Obwohl der direkte wissenschaftliche Zusammenhang zwischen Alter und schwerer Behinderung noch nicht abschließend erforscht ist, lässt sich vermuten: Mit zunehmendem Alter steigt die Wahrscheinlichkeit einer Schwerbehinderung.

Diese demografische Entwicklung eröffnet neue Perspektiven:

Gesetzliche Vorgaben zur Barrierefreiheit gewinnen an Bedeutung.

  • Es entsteht eine wachsende Zielgruppe mit spezifischen Bedürfnissen.
  • Unternehmen und Organisationen haben die Chance, sich dieser wichtigen Gruppe zu öffnen und ihre Angebote anzupassen.

Die Berücksichtigung von Barrierefreiheit wird somit nicht nur eine gesetzliche Pflicht, sondern auch eine wirtschaftliche und gesellschaftliche Notwendigkeit.

Quelle: https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/menschen-behinderung-statistik-100.html

Digitale Barrierefreiheit im Internet: Ein Wegweiser durch Normen und Gesetze

Die Barrierefreiheit im Internet ist ein wichtiges Thema, das von verschiedenen Normen und Gesetzen geprägt wird. Oft stehen Nutzer vor Fragen wie: Welche Regelungen gelten? Wer ist betroffen? Und welche Schritte sind notwendig, um die Anforderungen zu erfüllen?

In diesem Abschnitt bieten wir Ihnen einen Überblick über die relevanten Normen und Gesetze, die die digitale Barrierefreiheit betreffen. Unser Ziel ist es, Ihnen eine Orientierung zu geben, damit Sie die Grundlagen besser verstehen können.

Den rechtlichen Rahmen der digitalen Barrierefreiheit bilden:

  1. Die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG)
  2. Die Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV)
  3. Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG)
  4. Die Norm EN 301 549

1. Web Content Accessibility Guidelines (WCAG)

Die Web Content Accessibility Guidelines(WCAG) sind ein globaler Standard zur Sicherstellung der digitalen Barrierefreiheit für Websites, mobile Anwendungen und andere digitale Inhalte. Sie wurden vom World Wide Web Consortium (W3C) entwickelt und helfen dabei, digitale Inhalte zugänglich und nutzbar für Menschen mit Behinderungen zu gestalten. Die aktuelle Version, WCAG 2.2, baut auf den vorherigen Versionen (2.0 und 2.1) auf und ist vollständig rückwärtskompatibel. Das bedeutet, dass alle Anforderungen der WCAG 2.0 und 2.1 weiterhin enthalten und gültig sind​.17

Die WCAG sind als Richtlinien des W3C (World Wide Web Consortium) keine verpflichtenden Vorschriften, sondern Empfehlungen, die freiwillig angewendet werden können. Sie werden jedoch in vielen nationalen Gesetzen und Standards wie der BITV 2.0 als Basis verwendet und rechtlich verankert.

Die WCAG 2.1spezifizieren Anforderungen auf Ebene der Webentwicklung und des Designs, wie z. B. Textalternativen für Bilder oder Tastaturnavigation.

Quelle: https://www.barrierefreiheit-dienstekonsolidierung.bund.de/Webs/PB/DE/gesetze-und-richtlinien/wcag/wcag-artikel.html

Grundprinzipien der WCAG

Die WCAG 2.2 basiert auf vier grundlegenden Prinzipien, die in allen Versionen der WCAG gleich geblieben sind:

  • Wahrnehmbarkeit: Digitale Inhalte müssen so gestaltet sein, dass Nutzer sie unabhängig von ihren Fähigkeiten wahrnehmen können. Das umfasst zum Beispiel Textalternativen für Bilder und Anpassungsmöglichkeiten für Farben und Kontraste.
  • Bedienbarkeit: Alle Funktionen und interaktiven Elemente müssen zugänglich und einfach bedienbar sein, beispielsweise durch Tastaturnavigation.
  • Verständlichkeit: Die Inhalte und Bedienoberflächen müssen klar und verständlich sein. Dies bedeutet, dass Texte einfach formuliert und Benutzeroberflächen intuitiv nutzbar sein müssen.
  • Robustheit: Inhalte müssen so gestaltet sein, dass sie von verschiedenen Geräten und Technologien, einschließlich assistiver Technologien, zuverlässig genutzt werden können​.

Richtlinien und Erfolgskriterien

Die WCAG 2.2 besteht aus 13 Richtlinien, die diese Grundprinzipien konkretisieren. Diese Richtlinien enthalten spezifische Erfolgskriterien, die geprüft werden können, um sicherzustellen, dass die digitalen Inhalte barrierefrei sind. Die WCAG 2.2 fügt 9 neue Erfolgskriterien hinzu, die auf den bisherigen 78 Kriterien der WCAG 2.1 aufbauen, wodurch sich die Gesamtanzahl auf 87 Erfolgskriterien erhöht​.

Die Aufzählung dient nur der Vollständigkeit. Mehr Infos finden Sie in der Erklärung zu den einzelnen Richtlinien.

Weiterführende Informationen finden Sie in den WCAG 2.2 - W3C Web Content Accessibility Guidelines und in der Übersicht der Erfolgskriterien.

Wahrnehmung

  • Textalternativen
  • Zeitbasierte Medien
  • Anpassbarkeit
  • Unterscheidbarkeit

Bedienbarkeit

  • Tastaturbedienbarkeit
  • Ausreichend Zeit
  • Anfälle und physische Reaktionen vermeiden
  • Navigierbarkeit
  • Eingabemodalitäten

Verständlichkeit

  • Lesbarkeit
  • Vorhersehbarkeit
  • Hilfestellung bei der Eingabe

Robustheit

  • Kompatibilität

Konformitätsstufen A, AA und AAA

Die Konformitätsstufen A, AA und AAA sind Teil der Web Content Accessibility Guidelines (WCAG), dem internationalen Standard für barrierefreies Webdesign. Sie definieren, wie zugänglich und nutzbar eine Website für Menschen mit verschiedenen Beeinträchtigungen ist.

  • Stufe A: Dies ist die grundlegendste Ebene der Barrierefreiheit. Websites, die diese Stufe erreichen, erfüllen die minimalen Anforderungen für Zugänglichkeit. Sie beseitigen die größten Hindernisse für Nutzer mit Beeinträchtigungen.
  • Stufe AA: Diese mittlere Stufe geht über die Grundlagen hinaus. Websites auf diesem Niveau sind für die meisten Nutzer gut zugänglich und erfüllen viele wichtige Kriterien der Barrierefreiheit. Die meisten Organisationen streben diese Stufe an. Diese Stufe wird von dem BFSG verlangt. 
  • Stufe AAA: Dies ist die höchste und anspruchsvollste Stufe der Barrierefreiheit. Websites, die AAA erreichen, bieten ein Höchstmaß an Zugänglichkeit und Benutzerfreundlichkeit für alle Nutzer, unabhängig von ihren Fähigkeiten. Einige öffentliche Einrichtungen können in bestimmten Fällen aufgefordert sein, dieses höhere Niveau zu erfüllen.

Die Konformitätsstufen bieten einen klaren Rahmen für die Entwicklung und Bewertung barrierefreier Websites. Sie helfen Unternehmen und Organisationen, ihre Ziele für digitale Inklusion zu definieren und zu erreichen.

Tipp:  Ziehen Sie juristische Beratung hinzu, um zu klären, welche Konformitätsstufe Sie erfüllen müssen.

2. Die Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV)

Die Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV) 2.0 ist der Schlüssel zur digitalen Inklusion im öffentlichen Sektor Deutschlands. Seit Mai 2019 in Kraft, setzt sie die europäischen Vorgaben zur digitalen Barrierefreiheit in nationales Recht um.

Was bedeutet BITV 2.0 für öffentliche Einrichtungen?

  • Verpflichtung zur barrierefreien Gestaltung aller digitalen Angebote
  • Notwendigkeit, bestehende Webseiten und Apps zu überprüfen und anzupassen
  • Berücksichtigung der Barrierefreiheit bei allen neuen digitalen Projekten

Was bedeutet BITV 2.0 für Bürger?

  • Verbesserte Zugänglichkeit von öffentlichen Webseiten und Apps
  • Einfachere Nutzung digitaler Behördendienste, unabhängig von individuellen Einschränkungen
  • Stärkung der digitalen Teilhabe in allen Lebensbereichen

Warum ist das wichtig?

BITV 2.0 sorgt dafür, dass digitale Angebote des öffentlichen Sektors für alle zugänglich sind – unabhängig von individuellen Fähigkeiten oder Einschränkungen. Dies fördert die Inklusion und ermöglicht allen Bürgern eine gleichberechtigte Teilhabe am digitalen Leben.

Für weiterführende Informationen besuchen Sie die offizielle Webseite des Bundes zur Barrierefreien Informationstechnik-Verordnung (BITV) 2.0.

Die Standards hinter BITV 2.0

BITV 2.0 basiert auf bewährten internationalen Standards: den Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) 2.1 und der Norm EN 301 549.

BITV 2.0 im Vergleich zu WCAG

Die Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV) 2.0 und die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) sind beide wichtige Standards für digitale Barrierefreiheit, unterscheiden sich jedoch in einigen Aspekten:

  • BITV 2.0 fordert alle WCAG 2.1 AA-Kriterien und gewährleistet damit ein hohes Niveau an Barrierefreiheit.
  • In bestimmten Bereichen geht BITV 2.0 sogar über die WCAG AAA-Anforderungen hinaus, um spezifische nationale Bedürfnisse zu berücksichtigen.
  • Obwohl BITV 2.0 nicht alle WCAG 2.1 AAA-Kriterien abdeckt, konzentriert sie sich auf die wichtigsten Aspekte für den deutschen Kontext.

Diese Unterschiede machen BITV 2.0 zu einem maßgeschneiderten Standard für digitale Barrierefreiheit in Deutschland, der die internationalen WCAG-Richtlinien ergänzt und erweitert.

3. Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG)

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG)12 wurde eingeführt, um den barrierefreien Zugang zu Produkten und Dienstleistungen für Menschen mit Behinderungen zu verbessern. Es setzt die europäische Richtlinie des European Accessibility Act um und soll sicherstellen, dass digitale und physische Angebote zugänglich gestaltet sind. Das BFSG tritt ab dem 28. Juni 2025 vollständig in Kraft, wobei Unternehmen und öffentliche Einrichtungen bis zu diesem Zeitpunkt Zeit haben, die Anforderungen zu erfüllen.

Welche Richtlinien müssen eingehalten werden?

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) verpflichtet Unternehmen und Einrichtungen, die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) 2.1 zu befolgen, um die digitale Barrierefreiheit zu gewährleisten. Diese Richtlinien umfassen spezifische Kriterien in den Bereichen Wahrnehmbarkeit, Bedienbarkeit, Verständlichkeit und Robustheit. Dabei sind die Konformitätsstufen A und AA besonders relevant.

Wer ist vom BFSG betroffen?

Das BFSG betrifft Unternehmen, die Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr für B2C-Kunden anbieten, einschließlich Onlineshops. Ab dem Stichtag müssen betroffene Websites und Apps die gesetzlichen Standards zur Barrierefreiheit erfüllen.

Zu den betroffenen Produkten gehören elektronische Geräte wie Computer, Notebooks, Tablets und Smartphones sowie Selbstbedienungsterminals, beispielsweise Geldautomaten, Fahrkartenautomaten und Check-in-Automaten. Auch Unterhaltungselektronik wie Smart-TVs und E-Book-Reader sowie Netzwerkgeräte wie Router fallen unter das Gesetz. Darüber hinaus sind verschiedene Dienstleistungen erfasst, darunter Telekommunikationsdienste, E-Books mit zugehöriger Software, Messenger-Dienste, elektronische Bankdienstleistungen und Angebote im Bereich des elektronischen Handels.

Das BFSG erstreckt sich zudem auf zahlreiche digitale Präsenzen, insbesondere Online-Shops sowie Plattformen für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Auch digitale Kontaktmöglichkeiten wie Formulare, Kundensupport und Online-Buchungssysteme sind in den Anwendungsbereich des Gesetzes integriert. Diese umfassende Abdeckung unterstreicht das Ziel des BFSG, Barrierefreiheit in nahezu allen Bereichen des digitalen Alltags zu gewährleisten.22

Das BFSG betrifft insbesondere:

  • Websites, die online Dienstleistungen mit Vertragsabschluss zur Verfügung stellen
  • Onlineshops und E-Commerce-Anbieter
  • Apps und mobile Anwendungen
  • Elektronische Kontaktmöglichkeiten für Kundengespräche

Hinweis: Bitte lassen Sie eine juristische Prüfung durchführen, um festzustellen, ob Ihr Online-Angebot ausschließlich dem Business-to-Business-Bereich (B2B) zuzuordnen ist und somit möglicherweise nicht in den Anwendungsbereich des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes (BFSG) fällt. Eine fachkundige rechtliche Beurteilung kann Klarheit über Ihre spezifische Situation und die daraus resultierenden gesetzlichen Verpflichtungen schaffen.

Ausnahmen: Wann gelten die Anforderungen des BFSG nicht?

Es gibt einige Ausnahmen, bei denen die Anforderungen des BFSG nicht oder nur eingeschränkt gelten:

  • Unverhältnismäßige Belastung: Unternehmen und öffentliche Stellen können von den Anforderungen des BFSG befreit werden, wenn die Umsetzung eine unverhältnismäßige Belastung darstellt. Dies bedeutet, dass die erforderlichen Anpassungen wirtschaftlich nicht tragbar oder technisch nicht machbar sind. In einem solchen Fall müssen die betroffenen Stellen jedoch nachweisen, dass alle möglichen Maßnahmen ergriffen wurden, um die Barrierefreiheit so weit wie möglich zu gewährleisten.12
  • Kleine Unternehmen: Kleinere Unternehmen, die weniger als 10 Mitarbeiter oder einen Jahresumsatz von weniger als 2 Millionen Euro haben, sind von den Anforderungen des BFSG ausgenommen. Diese Ausnahme berücksichtigt die wirtschaftlichen und personellen Ressourcen kleiner Unternehmen und soll eine Überlastung verhindern.13
  • Das BFSG gilt nicht für spezialisierte Angebote oder Produkte, die nicht für den allgemeinen Verbrauchermarkt bestimmt sind. Beispielsweise für den reinen B2B-Markt.14

Unterschiede zwischen BITV 2.0 und BFSG

Während die BITV 2.0 hauptsächlich für öffentliche Einrichtungen gilt und diese verpflichtet, ihre Websites und mobilen Anwendungen gemäß den WCAG 2.1 AA-Kriterien barrierefrei zu gestalten, erweitert das BFSG die Anforderungen auch auf private Anbieter. Zudem umfasst das BFSG nicht nur digitale Angebote, sondern auch physische Produkte wie Bankautomaten, Ticketautomaten und E-Bookreader. Im Vergleich dazu konzentriert sich die BITV 2.0 stärker auf digitale Inhalte, während das BFSG einen breiteren Anwendungsbereich abdeckt.15

4. Die Norm EN 301 549

Die EN 301 549 ist eine europäische Norm, die spezifische Barrierefreiheitsanforderungen für Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) festlegt. Sie definiert technische Standards, die gewährleisten, dass digitale Produkte und Dienstleistungen für Menschen mit Behinderungen zugänglich sind. Diese Norm spielt eine zentrale Rolle in den europäischen Bestrebungen zur Förderung der Barrierefreiheit und ist sowohl für das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) als auch für die Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV 2.0) von großer Bedeutung. Darüber hinaus ist die Einhaltung der EN 301 549 gesetzlich vorgeschrieben.

Die EN 301 549 hingegen umfasst nicht nur die WCAG 2.1-Kriterien für Webinhalte, sondern erweitert diese auf eine breitere Palette von IKT-Produkten und -Dienstleistungen. Dazu gehören neben Websites und mobilen Apps auch physische Geräte wie Bankautomaten, Selbstbedienungskioske und Softwareprodukte. Sie ist damit eine umfassendere Norm, die die gesamte digitale und physische IKT-Infrastruktur abdeckt.

Die EN 301 549 umfasst nicht nur die Anforderungen der WCAG 2.1, sondern geht darüber hinaus, indem sie technische Spezifikationen für eine Vielzahl von IKT-Produkten bereitstellt. Diese Norm berücksichtigt sowohl die physische als auch die technische Barrierefreiheit und legt fest, wie Hardware und Software in unterschiedlichen Umgebungen genutzt werden können.

Für Websites fordert die EN 301 549 lediglich, dass die WCAG 2.1 AA Anforderungen zu erfüllen sind. 

Die EN 301 549 ist eine offizielle Norm der European Telecommunications Standards Institute (ETSI) und dient als rechtliche Grundlage in der EU, um die Anforderungen des European Accessibility Act (EAA) und damit auch des BFSG zu erfüllen. Sie wird verpflichtend angewendet, wenn die EU-Richtlinien umgesetzt werden.

Weiterführende Informationen: EN 301 549 - ETSI Norm

Hände an Laptop
Kontrast: Schrift auf Hintergrund

Barrierefreiheit als Chance

Barrierefreiheit ist heute nicht nur eine gesetzliche Pflicht, sondern auch eine wertvolle Chance für Unternehmen, ihre Produkte und Dienstleistungen zu optimieren und einer breiteren Zielgruppe zugänglich zu machen. Durch die gezielte Umsetzung barrierefreier Inhalte eröffnen sich neue Möglichkeiten, die sowohl die Nutzererfahrung verbessern als auch die Auffindbarkeit im Internet erhöhen.

Erweiterung der Zielgruppe

Ein zentrales Argument für die Implementierung von Barrierefreiheit ist die Erschließung neuer Zielgruppen. Etwa 15 Prozent der Weltbevölkerung lebt mit einer Behinderung18, in Deutschland sind es knapp 10 Prozent. Wenn digitale Inhalte nicht zugänglich sind, schließen Unternehmen automatisch einen Teil dieser potenziellen Kunden aus. Durch die Einhaltung von Barrierefreiheitsstandards wie den Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) kann Ihre Website so gestaltet werden, dass sie für alle Nutzer zugänglich ist – unabhängig von ihren individuellen Fähigkeiten. Doch nicht nur Menschen mit Behinderungen profitieren davon. Auch ältere Menschen mit abnehmendem Seh- oder Hörvermögen sowie Nutzer in Regionen mit eingeschränkter Internetgeschwindigkeit haben Vorteile von barrierefreien Inhalten. Indem Unternehmen ihre Angebote für eine breitere Zielgruppe öffnen, schaffen sie neue Geschäftsmöglichkeiten und stärken ihre Marktposition. Zusätzlich können textbasierte Alternativen zu Bildern die Ladezeiten erheblich verbessern, während die WCAG auch eine Optimierung für mobile Endgeräte fordert, was die Gesamtperformance der Website steigert.

Positive Auswirkungen auf die Nutzererfahrung und Suchmaschinenoptimierung (SEO)

Barrierefreiheit hat nicht nur positive Effekte auf die Nutzererfahrung, sondern wirkt sich auch positiv auf die Suchmaschinenoptimierung (SEO) aus. Suchmaschinen wie Google bevorzugen Websites, die gut strukturiert und benutzerfreundlich sind. Barrierefreie Inhalte erfüllen viele der Kriterien, die Google als wichtig für das Ranking ansieht:

  • Textalternativen für Bilder: Bilder und Videos, die mit beschreibenden Alternativtexten versehen sind, helfen nicht nur Menschen mit Sehbehinderungen, sondern geben auch Suchmaschinen wichtige Informationen über den Inhalt der Seite. Diese Texte tragen dazu bei, dass Inhalte besser indexiert und in den Suchergebnissen höher platziert werden.
  • Strukturierter Inhalt: Barrierefreie Websites sind häufig klar strukturiert, mit gut organisierten Überschriften, klar definierten Abschnitten und einer logischen Navigation. Diese Struktur hilft Suchmaschinen, den Inhalt besser zu analysieren und zu verstehen, was zu einem besseren Ranking führen kann.
  • Optimierung für Mobilgeräte: Viele Barrierefreiheitsstandards decken auch die mobile Nutzung ab. Websites, die für mobile Geräte optimiert sind, werden von Suchmaschinen bevorzugt, da ein Großteil der Nutzer über Smartphones und Tablets auf das Internet zugreift.

Reputationsgewinn und soziale Verantwortung

Unternehmen, die Barrierefreiheit ernst nehmen, demonstrieren ihr Bewusstsein für soziale Verantwortung. Dies kann das Unternehmensimage erheblich verbessern und das Vertrauen der Kunden stärken. Da die Gesellschaft zunehmend sensibler für Themen wie Inklusion und Diversität wird, positionieren sich Unternehmen, die aktiv Barrierefreiheit umsetzen, als Vorreiter einer modernen und inklusiven Wirtschaft.

So gelingt Ihre Umstellung: Das tun wir für Ihre barrierefreie Lösung

Wir bieten Ihnen umfassende Unterstützung bei der Umsetzung barrierefreier Websites und Onlineshops:

  • Analyse: Wir analysieren Ihre bestehende Webpräsenz auf Barrierefreiheit.
  • Konzeption: Wir entwickeln gemeinsam mit Ihnen Strategien zur Umsetzung Ihres barrierefreien Auftritts.
  • Design: Wir gestalten barrierefreie Layouts und Benutzeroberflächen.
  • Entwicklung: Wir setzen technische Lösungen für die Barrierefreiheit um.

Die Umsetzung einer barrierefreien Website mag auf den ersten Blick wie eine gewaltige Aufgabe erscheinen. Doch keine Sorge – Sie müssen diesen Weg nicht alleine gehen! Als erfahrene Agentur stehen wir Ihnen mit Expertise und Leidenschaft zur Seite, um Ihre digitale Präsenz zukunftssicher zu gestalten. Für rechtliche Fragen zum BFSG empfehlen wir, einen spezialisierten Rechtsbeistand zu konsultieren.

5 Ihre Schritte zur digitalen Barrierefreiheit

Es ist entscheidend, dass Sie sich bereits jetzt aktiv mit dem Thema Barrierefreiheit auseinandersetzen. Hier sind die wichtigsten Schritte, die Sie unternehmen sollten:

Konformitätsstufe-Icon Haken

1. Konformitätsstufe klären

Ermitteln Sie, welche Konformitätsstufe der Web Content Accessibility Guidelines für Ihr Unternehmen oder Ihre Einrichtung relevant ist.

Beratung-Icon Sprechblasen

2. Juristische BERAT­UNG in Erwägung ziehen

Ziehen Sie juristische Beratung hinzu. Als Agentur dürfen wir keine Rechtsberatung anbieten, aber wir unterstützen Sie gerne bei der Umsetzung der barrierefreien digitalen Präsenz.

Analyse-Icon Textfeld

3.  ANALYSE durchführen

Testen Sie Ihre Website oder Ihren Online-Shop auf Barrierefreiheit. Oder kommen Sie auf uns zu: Wir bieten Ihnen einen Quick-Check auf Barrierefreiheit Ihres Auftritts an. Sprechen Sie uns dazu gerne an!

Umsetzung-Icon Rakete

4. Barrierefreie Umsetzung

Wir erstellen gemeinsam einen individuellen Plan zur Umsetzung Ihres barrierefreien Webauftritts, der Maßnahmen zur Optimierung von Inhalten, Navigation und technischen Lösungen umfasst.

Schulungs-Icon Netzwerk

5. Schulung der Mitarbeiter

Schulen Sie ihre Mitarbeiter umfassend, um ein tiefes Verständnis für die Barrierefreiheitsanforderungen und deren Umsetzung zu gewährleisten.

Zum kostenlosen Beratungsgespräch

Unser Angebot an Sie

In unserem Quick-Check auf Barrierefreiheit analysieren wir Ihren Auftritt: Was ist zu tun, um den Anforderungen des BFSG gerecht zu werden?

Anschließend stimmen wir gemeinsam ab, wie die Umsetzung realisiert werden soll.

Sprechen Sie uns gerne an!

ahorn. gmbh
Marktstraße 53
68789 St. Leon-Rot
Telefon 06227 8609-0
kontakt@ahorngmbh.de

* Pflichtfeld

1 Bundesfachstelle-barrierefreiheit.de (Stand: 09.2024)

2  antidiskriminierungsstelle.de (Stand: 09.2024)

3  destatis.de (Stand: 09.2024)

4  zdf.de (Stand: 09.2024)

5  demografie-portal.de (Stand: 09.2024)

6  tagesschau.de (Stand: 09.2024)

7  Inklusion im Arbeitsmarkt (Stand: 09.2024) (Todo: Alternative Quelle?)

8  kulturbanause.de (Stand: 09.2024)

9  bund.de (Stand: 09.2024)

10  etsi.org (Stand: 09.2024)

11  kulturbanause.de (Stand: 09.2024)

12  bmas.de (Stand:09.2024)

12  europa.eu (Stand: 09.2024) Bemerkung: Abschnitt (70) und Begriffsdefinition 23

13  europa.eu (Stand: 09.2024) Bemerkung: Abschnitt (66)

14  it-recht-kanzlei.de (Stand: 09.2024)

15bund.de (Stand: 09.2024)

16etsi.org (Stand: 09.2024)

17w3.org (Stand: 09.2024)

18cbm.de (Stand: 09.2024)

19bund.de (Stand: 10.2024)

20bund.de (Stand: 10.2024)

21ec.europa.eu (Stand: 10.2024)

22 § 1 Abs. 2 und 3 BFSG